Geschichte und aktuelle Reform des Wohnungseigentumsgesetzes
Das Wohnungseigentumsgesetz wurde im Jahre 1951 geschaffen, um den dringend notwendigen Wohnungsbau zu stärken und breiten Bevölkerungsschichten den Erwerb eines Eigenheims zu ermöglichen. In den Jahren 1973 und 2007 wurde das Wohnungseigentumsgesetz reformiert. Die grundlegende Reform im Jahre 2007 betraf im Wesentlichen die Ausweitung der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer, Änderungen im Verfahrensrecht und die Regelung der Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Dennoch hat es auch diese grundlegende Reform nicht geschafft, alle Regelungslücken zu schließen. Die Rechtsprechung hat viele Fragen geklärt, jedoch sind zahlreiche Fragen immer noch offen. Zudem ist es von Zeit zu Zeit auch schlichtweg erforderlich, Gesetze an den Wandel und den Fortschritt in der Technik und in der Gesellschaft anzupassen. Für die Erreichung der Klimaziele ist die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden unerlässlich. Neben den Maßnahmen zur Barrierereduzierung und zur energetischen Sanierung verlangt auch die Errichtung von Lademöglichkeiten zur Förderung der Elektromobilität Eingriffe in die Bausubstanz.
Im Koalitionsvertrag 2018 vereinbarten Union und SPD: „Wir werden die Regelungen des Wohnungseigentumsrechts reformieren und mit dem Mietrecht harmonisieren, um die Vorbereitung und Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer über bauliche Maßnahmen insbesondere in den Bereichen Barrierefreiheit, energetische Sanierung, Förderung von Elektromobilität und Einbruchsschutz zu erleichtern.“
Im Sommer 2018 wurden zwei Diskussionsentwürfe vorgelegt, die versuchten Lösungsansätze zu finden. Im Mittelpunkt standen Initiativen zur Erleichterung von Baumaßnahmen, zur Erhöhung der Barrierefreiheit in den Wohnungseigentumsanlagen und zur Errichtung von Ladestationen für Elektrofahrzeuge in Mietobjekten und Wohnungseigentumsanlagen. Es handelte sich dabei um den Diskussionsentwurf des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz für ein „Gesetz für zukunftsfähiges Wohnen im Wohneigentum“ und um den Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zu einem „Gesetz zur Förderung von Barrierefreiheit und Elektromobilität im Miet-und Wohnungseigentumsrecht“. Im Juni 2018 fasste die 89. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister (JuMiKo) den Beschluss, eine länderoffene Arbeitsgruppe einzurichten. Um Wohnungseigentum wieder attraktiver zu machen, solle geprüft werden, „durch welche gesetzgeberischen Maßnahmen zum Beispiel einem bestehenden Sanierungsstau bei Wohnungseigentumsanlagen, vor allem auch soweit dieser die Gewährleistung der Barrierefreiheit des Wohnens und die Förderung der Elektroenergie behindert, entgegengewirkt werden kann, um damit wertvollen Wohnraum dauerhaft zu erhalten sowie insbesondere in Ballungsgebieten die Erweiterung bestehenden Wohnraums zu erleichtern. Ferner soll geprüft werden, wie gesetzgeberisch eine effizientere Verwaltung des Gemeinschaftseigentums befördert werden kann. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wurde gebeten, sich an der Arbeitsgruppe zu beteiligen. Die Leitung der Arbeitsgruppe erfolgte gemeinsam durch das Bayerische Staatsministerium der Justiz und durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Neben Bayern beteiligten sich die folgenden Länder: Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen. Die Arbeitsgruppe beschränkte sich bei ihrer Beratung thematisch nicht auf den Auftrag der JuMiKo, sondern ihre Untersuchung des Wohnungseigentumsgesetzes war breiter angelegt. Anfang Juli 2018 wurden die Bundesressorts, die Landesjustizverwaltungen, Verbände sowie Experten angeschrieben und gebeten, zu den genannten Diskussionsentwürfen aus dem Sommer 2018 Stellung zu nehmen. Die Adressaten wurden außerdem gebeten, den aus ihrer Sicht darüber hinaus bestehenden Änderungsbedarf im Bereich des Wohnungseigentumsrechts zu benennen. Durch Auswertung der umfangreich vorgelegten Stellungnahmen bildete die Arbeitsgruppe Themenschwerpunkte, die in Sitzungen der Arbeitsgruppe beraten wurden. Diese Beratungen wurden in der Weise vorbereitet, dass zu den anstehenden Themen Arbeitspapiere erstellt wurden, in denen die derzeitige Rechtslage, die Problemschilderung und Vorschläge zu möglichen Lösungsansätzen dargestellt wurden (Quelle: Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des WEG).
Am 13.1.2020 hat nun das BMJV den Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz – WEModG)“ veröffentlicht und zahlreichen Verbänden zur Stellungnahme übersandt. Der Entwurf hält sich eng an die Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur WEG-Reform.
Zu den Schwerpunkten der Reform werden zählen, dass jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch darauf haben soll, dass ihm auf seine Kosten der Einbau einer Lademöglichkeit für ein Elektrofahrzeug, der barrierefreie Aus- und Umbau sowie Maßnahmen des Einbruchsschutzes gestattet werden. Ein inhaltsgleicher Anspruch ist für Mieter vorgesehen. Darüber hinaus sollen unnötige Friktionen zwischen Wohnungseigentums- und Mietrecht abgebaut werden, insbesondere indem die Vorgaben zur Betriebskostenabrechnung harmonisiert werden. Weiter soll die Beschlussfassung über bauliche Veränderungen der Wohnanlage vereinfacht werden, insbesondere für Maßnahmen, die zu nachhaltigen Kosteneinsparungen führen oder die Wohnanlage in einen zeitgemäßen Zustand versetzen.
Die Rechte von Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümern sollen erweitert werden, insbesondere indem das Recht auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen im Gesetz festgeschrieben und ein jährlicher Vermögensbericht des Verwalters eingeführt wird, der über die wirtschaftliche Lage der Gemeinschaft Auskunft gibt. Auch die Möglichkeit, sich von einer Verwalterin oder einem Verwalter zu trennen, in den die Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümer das Vertrauen verloren haben, soll erleichtert werden. Die Wohnungseigentümerversammlung soll als zentraler Ort der Entscheidungsfindung aufgewertet werden, indem die Ladungsfrist verlängert und Hürden für die Beschlussfähigkeit beseitigt werden. Zugleich soll es Wohnungseigentümern ermöglicht werden, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, insbesondere indem die Online-Teilnahme an Versammlungen und die elektronische Beschlussfassung gestattet werden. Der Verwaltungsbeirat soll gestärkt werden, indem seine Zusammensetzung flexibilisiert und die Haftung seiner Mitglieder beschränkt werden. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums soll effizienter gestaltet werden, indem die Rolle der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer klar konzipiert und ihre Teilnahme am Rechtsverkehr vereinfacht werden. Auch soll das Streitpotential in der Gemeinschaft reduziert werden, indem streitträchtige Vorschriften klarer gefasst werden. Das gilt insbesondere für die Vorschriften zu Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung, zu baulichen Veränderungen und zur Entstehung und Stellung der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.
Überblick über die wesentlichen vorgesehenen Änderungen:
- Sanierung, Modernisierung und bauliche Veränderungen sollen vereinfacht werden. Insbesondere die Förderung der Elektromobilität, der Barrierereduzierung und des Einbruchschutzes
- Gemeinschaft als Träger der Verwaltung
Um die oft schwierige Unterscheidung zu beseitigen, ob im Einzelfall die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder die Wohnungseigentümer selbst Träger von Rechten und Pflichten sind, sieht der Entwurf vor, die Gemeinschaft als Träger der gesamten Verwaltung auszugestalten, die durch ihre Organe handelt (Eigentümerversammlung als Willensbildungsorgan, Verwalter als Vertretungsorgan).
- Stärkung der Rechte der Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümer, so z.B. durch ein gesetzlich normiertes Einsichtsrecht, Recht auf jährlichen Bericht zur wirtschaftlichen Lage der WEG, Abschaffung des Beschlussfähigkeitsquorums, erleichterte Hürden bei Beschlussfassungen und der Abberufung des Verwalters.
- Verlängerte Einberufungsfrist für Eigentümerversammlungen und die Möglichkeit der Online-Teilnahme. Textform anstatt Schriftform für Umlaufbeschlüsse.
- Flexible Anzahl der Mitglieder im Verwaltungsbeirat und Begrenzung der Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit
- Anfechtungsklagen richten sich künftig allein gegen die Gemeinschaft
- Vereinfachung von Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan
- Harmonisierung von Miet- und Wohnungseigentumsrecht
- Stärkung der Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft/mehr Befugnisse für Verwalter
- Regelungen zur werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft
- Sondereigentumsfähigkeit von Freiflächen
- Modernisierung des gerichtlichen Verfahrensrechts
- Grundbucheintragung vereinbarungsändernder Beschlüsse
- Die gesetzliche Pflicht, über die Beschlüsse der Wohnungseigentümer eine Beschluss-Sammlung zu führen, soll im Rahmen der Reform entfallen.
Konkret sind im Einzelnen gemäß dem Referentenentwurf insbesondere folgende Änderungen vorgesehen:
- Förderung der Elektromobilität, der Barrierereduzierung und des Einbruchschutzes
Um die Sanierung und Modernisierung von Wohnungseigentumsanlagen zu vereinfachen, sieht der Entwurf mehrere Änderungen am WEG vor. So soll jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch darauf bekommen, ihm auf eigene Kosten den Einbau einer Lademöglichkeit für ein Elektrofahrzeug, einen barrierefreien Aus- und Umbau sowie Maßnahmen zum Einbruchsschutz zu gestatten. Nach geltendem Recht bedarf jede bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums der Zustimmung aller Wohnungseigentümer, die durch die Maßnahme über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden (§ 22 Absatz 1 in Verbindung mit § 14 Nummer 1 WEG). Nach Ansicht der Rechtsprechung liegt die Schwelle zu einer Beeinträchtigung recht niedrig. Deshalb dürfen bauliche Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums häufig nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer vorgenommen werden. Dabei kann jeder Wohnungseigentümer seine Zustimmung auch ohne ernsthaften Grund verweigern, solange seine Rechte jedenfalls im Rechts-sinne beeinträchtigt sind. Die Zustimmung aller Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümerinnen ist in der Praxis gerade in größeren Gemeinschaften kaum zu erreichen. Selbst wenn eine Maßnahme als Modernisierung im Sinne des § 22 Absatz 2 WEG einzuordnen ist, muss sie durch eine Mehrheit von drei Vierteln aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen werden. Auch diese hohe Quoren werden in der Praxis selten erreicht. Zudem besteht die Vorgabe, dass durch die bauliche Maßnahme die „Eigenart der Wohnanlage“ nicht geändert werden darf. Die geltende Rechtslage führt so dazu, dass der bauliche Zustand der Wohnungseigentumsanlage „versteinert“. Daneben werden aber auch bauliche Veränderungen verhindert, die für einzelne Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümerinnen besonders bedeutsam und aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive sinnvoll sind. Dies gilt insbesondere für die Errichtung einer Lademöglichkeit für elektrisch betriebene Fahrzeuge sowie für Maßnahmen der Barrierereduzierung und des Einbruchsschutzes. Der Entwurf sieht deshalb vor, dass bauliche Maßnahmen zur Errichtung einer Lademöglichkeit für elektrisch betriebene Fahrzeuge, zur Barrierereduzierung sowie zum Einbruchsschutz privilegiert werden. Diese Maßnahmen sollen künftig nicht mehr der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedürfen. Vielmehr soll jeder Wohnungseigentümer bzw. jede Wohnungseigentümerin grundsätzlich einen Rechtsanspruch darauf haben (§ 20 Absatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes in der Entwurfsfassung –WEG-E). Die Eigentümerversammlung darf die Baumaßnahmen in der Regel nicht verwehren. Sie darf aber auf die Art der Durchführung der Maßnahme Einfluss nehmen und zum Beispiel beschließen, dass die Gemeinschaft die Baumaßnahme organisiert, damit diese den Überblick über den baulichen Zustand der Wohnanlage behält. Die Kosten der Maßnahme soll der begünstigte Wohnungseigentümer tragen. Zusätzlich soll grundsätzlich auch jeder Mieter bzw. jede Mieterin einen Anspruch gegen den jeweiligen Vermieter bzw. die jeweilige Vermieterin erhalten, dass ihm bzw. ihr bauliche Maßnahmen zur Errichtung einer Lademöglichkeit für elektrisch betriebene Fahrzeuge, zur Barrierereduzierung sowie zum Einbruchsschutz auf seine Kosten erlaubt werden (§ 554 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Entwurfsfassung –BGB-E). Der Entwurf liefert damit auch einen wichtigen Beitrag für das Erreichen der Klimaziele. Denn die rechtliche Erleichterung des Einbaus von Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge ist für die Förderung der Elektromobilität unerlässlich.
- Erleichterung baulicher Maßnahmen
Wohnungseigentumsanlagen weisen im Vergleich zu anderen Wohnanlagen häufig einen erhöhten Sanierungsbedarf auf. Das liegt insbesondere an den rechtlichen Rahmenbedingungen. Denn das geltende WEG unterscheidet eine Vielzahl verschiedener Maßnahmen (Instandhaltung und Instandsetzung, modernisierende Instandsetzung, Modernisierung oder Anpassung an den Stand der Technik, sonstige bauliche Veränderungen) mit jeweils unterschiedlichen Anforderungen. Zugleich verlangt das geltende Recht in vielen Fällen die Einstimmigkeit oder die Zustimmung von mindestens drei Vierteln aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile. Diese Voraussetzungen werden in der Praxis selten erreicht. Das geltende Recht wird daher dem Bedürfnis, den baulichen Zustand von Wohnungseigentumsanlagen an die sich stetig ändernden Gebrauchsbedürfnisse anzupassen, nicht hinreichend gerecht. Der Entwurf sieht eine Vereinfachung des Rechts der baulichen Maßnahmen vor. Insbesondere sollen bauliche Veränderungen grundsätzlich mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden können (§ 20 Absatz 1 WEG-E). Die Wohnungseigentumsanlage darf durch die bauliche Veränderung aber nicht grundlegend umgestaltet und kein Wohnungseigentümer darf durch die Baumaßnahme unbillig benachteiligt werden. Dies dürfte nur in Ausnahmefällen auftreten und bei den privilegierten Maßnahmen (§ 20 Absatz 2 WEG-E) zumindest typischerweise nicht der Fall sein. Im Hinblick auf die Kosten baulicher Veränderungen schafft der Entwurf einen angemessenen Ausgleich der womöglich widerstreitenden Interessen der Wohnungseigentümer: Die Kosten baulicher Veränderungen, insbesondere von energetischen Sanierungsmaßnahmen, die sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren, sollen von allen Wohnungseigentümern zu tragen sein; das Gleiche gilt für Maßnahmen, die der Anpassung der Wohnungseigentumsanlage an einen zeitgemäßen Zustand dienen (§ 21 Absatz 2 Satz 1 WEG-E). Denn dadurch wird verhindert, dass Wohnungseigentumsanlagen auf dem baulichen Zustand ihrer Errichtung „versteinern“. Andere bauliche Veränderungen sind dagegen nur von den Wohnungseigentümern zu bezahlen, die für die bauliche Veränderung gestimmt haben (§ 21 Absatz 3 Satz 1 WEG-E). Umgekehrt sollen aber auch nur diese Wohnungseigentümer zur Nutzung des umgestalteten gemeinschaftlichen Eigentums berechtigt sein (§ 21 Absatz 3 Satz 2 WEG-E).
- Stärkung der Rechte der Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümer
Der Entwurf sieht eine Reihe von Regelungen vor, die die Rechte der Wohnungseigentümer stärken und transparenter hervorheben. Für die Wohnungseigentümer ist es von grundlegender Bedeutung, über den Stand der Verwaltung und die wirtschaftliche Lage der Gemeinschaft informiert zu sein. Dieses Informationsinteresse sichert der Entwurf in zwei Richtungen ab: Zum einen wird das Recht jedes Wohnungseigentümers auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen ausdrücklich im Gesetz festgeschrieben (§ 18 Absatz 4 WEG-E). Daneben wird der Verwalter verpflichtet, für die Wohnungseigentümer jährlich einen Vermögensbericht zu erstellen, der über die wirtschaftliche Lage der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Auskunft gibt (§ 28 Absatz 3 WEG-E). Der Entwurf stärkt die Versammlung der Wohnungseigentümer als zentralen Ort der Entscheidungsfindung. Dafür wird die Ladungsfrist von zwei auf vier Wochen verlängert (§ 24 Absatz 4 Satz 2 WEG-E) und dadurch den Wohnungseigentümern mehr Zeit eingeräumt, sich auf die Versammlung vorzubereiten, indem sie sich etwa zu bestimmten Themen beraten lassen. Außerdem können sich die Wohnungseigentümer den Versammlungstermin früher freihalten, was die Chance erhöht, dass sie an der Versammlung persönlich teilnehmen können. Um in Zukunft überflüssige und ärgerliche Teilnahmen an Versammlungen zu vermeiden, die sich als nicht beschlussfähig herausstellen, soll zudem das Beschlussfähigkeitsquorum aufgehoben werden. In Zukunft soll also jede Versammlung unabhängig von der Zahl der vertretenen Miteigentumsanteile beschussfähig sein (vergleiche § 25 WEG-E). Dies stärkt die Verwaltungskompetenz der Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümer, die sich in Zukunft darauf verlassen können, dass eine Versammlung, zu der sie erscheinen, auch Beschlüsse fassen kann. Daneben wird die Einberufung einer Versammlung gerade in kleinen Gemeinschaften ohne Verwalter und Verwaltungsbeirat vereinfacht (§ 24 Absatz 3 WEG-E). Ein Einberufungsverlangen sollen Wohnungseigentümer dem Entwurf zufolge künftig auch in Textform, z.B. per E-Mail, stellen können. Derzeit fordert das Gesetz die Schriftform. Zudem soll es den Wohnungseigentümern erleichtert werden, selbst eine Eigentümerversammlung einzuberufen, wenn eine Einberufung durch den Verwalter oder den Beiratsvorsitzenden nicht möglich ist. Für die Erteilung einer Vollmacht für die Eigentümerversammlung soll künftig auch die Textform, z.B. Fax, E-Mail ausreichen.
Nach geltendem Recht können die Wohnungseigentümer zwar grundsätzlich über die Verteilung der Kosten, insbesondere von Baumaßnahmen, abweichend von dem durch das Gesetz oder durch die Gemeinschaftsordnung vorgegebenen Maßstab beschließen (§ 16 Absatz 4 WEG). Dies gilt aber nur, wenn es sich um einen Einzelfall handelt. Ein solcher Beschluss bedarf zudem der Zustimmung von mindestens drei Vierteln aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile. Diese Regelung führt dazu, dass in der Praxis eine sinnvolle und gerechte Kostenverteilung häufig unterbleibt, zumal das Kriterium des „Einzelfalls“ in der Praxis schwer zu beantwortende Folgefragen auslöst. Der Entwurf sieht deshalb vor, dass die Wohnungseigentümer mit einfacher Stimmenmehrheit über die Verteilung einzelner Kosten oder bestimmter Arten von Kosten entscheiden können (§ 16 Absatz 2 Satz 2 WEG-E). Der Entwurf macht es den Wohnungseigentümern zukünftig einfacher, sich von einem Verwalter zu trennen, mit dessen Arbeit sie nicht zufrieden sind. Es soll nämlich nicht mehr erforderlich sein, für das Abberufungsrecht der Wohnungseigentümer auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes abzustellen. Zugleich wird damit der oft als sehr belastend empfundene Streit darüber vermieden, ob die Voraussetzungen für eine Abberufung vorliegen. Der Entwurf sieht vor, dass ein Wohnungseigentümer durch Beschluss ermächtigt werden kann, die Versammlung einzuberufen (§ 24 Absatz 3 WEG-E). Das erleichtert insbesondere in kleineren Gemeinschaften, die keinen Verwalter und keinen Verwaltungsbeirat bestellt haben, die Organisation von Versammlungen. Schließlich gibt der Entwurf den Wohnungseigentümern auch die Möglichkeit, Verstöße gegen die Gemeinschaftsordnung effektiver als bisher zu unterbinden. Er sieht nämlich vor, dass die Wohnungseigentümer die Einführung von Vertragsstrafen beschließen können (§ 19 Absatz 3 Satz 2 WEG-E). Mit einer solchen Vertragsstrafe kann insbesondere denjenigen Wohnungseigentümern begegnet werden, die die Gemeinschaft durch wiederholte Verstöße gegen die Gemeinschaftsordnung belasten, deren Fehl-verhalten aber keine Entziehung des Wohnungseigentums rechtfertigt.
- Stärkung des Verwaltungsbeirats
Der Entwurf sieht eine Stärkung des Verwaltungsbeirats als wichtigem Kontrollorgan vor. Die Tätigkeit im Verwaltungsbeirat soll attraktiver werden, indem die Haftung der Mitglieder des Verwaltungsbeirats auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt wird (§ 29 Absatz 3 WEG-E). Zudem sieht der Entwurf eine Flexibilisierung dahingehend vor, dass die Wohnungseigentümer die Größe des Verwaltungsbeirats nach den Bedürfnissen ihrer konkreten Gemeinschaft festlegen können (§ 29 Absatz 1 WEG-E).
- Nutzung der Möglichkeiten der Digitalisierung
Der Entwurf öffnet das Wohnungseigentumsrecht für die Möglichkeiten der Digitalisierung. Das gilt zum einen für die Wohnungseigentümerversammlung. Denn das geltende Recht sieht nur eine Teilnahme an der Versammlung durch persönliche Anwesenheit vor. Auch wenn die Mehrheit der Wohnungseigentümer einverstanden ist, darf ein interessierter Wohnungseigentümer nach geltendem Recht etwa nicht im Wege der Videoübertragung teilnehmen. Um die Möglichkeiten der Digitalisierung in diesem Bereich zu nutzen, ist vorgesehen, dass die Wohnungseigentümer über eine sogenannte Online-Teilnahme an ihren Versammlungen beschließen können (§ 23 Absatz 1 Satz 2 WEG-E).
Der Entwurf sieht zudem vor, dass Umlaufbeschlüsse nicht mehr zwingend schriftlich, also mit Unterschriften der Wohnungseigentümer versehen, gefasst werden müssen. Stattdessen genügt die Textform (§ 23 Absatz 3 WEG-E). Dadurch wird erstmals eine elektronisch unterstützte Beschlussfassung ermöglicht. Die gesetzlichen Vorgaben stehen damit insbesondere der Fassung von einstimmigen Beschlüssen über entsprechende Plattformen oder Apps nicht mehr im Wege.
- Rechtssicherheit in der Begründungsphase
Der Entwurf schafft Rechtssicherheit in der Begründungsphase der Wohnungseigentümergemeinschaft. Denn insbesondere beim Erwerb des Wohnungseigentums vom Bauträger stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Vorschriften des WEG anwendbar sind, wann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entsteht und wer zu welchem Zeitpunkt ihr Mitglied wird. Nach dem Konzept des historischen Gesetzgebers von 1951 ist dies erst der Fall, wenn ein Erwerber als Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Nach der Rechtsprechung soll es dagegen –vereinfacht betrachtet –genügen, wenn einem Erwerber der Besitz eingeräumt wurde. Von diesem Zeitpunkt an sollen die Vorschriften des WEG anwendbar sein, weil der Erwerber als sogenannter werdender Wohnungseigentümer Mitglied der sogenannten werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft wird. Im Einzelnen sind diese Institute aber nach wie vor umstritten, insbesondere ihr zeitlicher Anwendungsbereich (vergleiche Bundesgerichtshof, Beschluss vom 5. Juni 2008 –V ZB 85/07 Randnummer 21). Außerdem besteht in der Praxis schon vor der Entstehung der Gemeinschaft das Bedürfnis, Verträge für die Gemeinschaft abzuschließen, etwa zur Versorgung mit Wasser und Energie. Um in diesem gerade für Verbraucher und Verbraucherinnen wichtigen Bereich Rechtssicherheit zu schaffen, sieht der Entwurf besondere Vorschriften für die Begründungsphase vor. Er ordnet zum einen an, dass das WEG bereits mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher anwendbar ist; in diesem Zeitpunkt entsteht auch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als sogenannte Ein-Personen-Gemeinschaft (§ 9a Absatz 1 Satz 2 WEG-E). Der Entwurf regelt zudem, unter welchen Voraussetzungen ein Erwerber schon vor seiner Eintragung als Eigentümer im Grundbuch berechtigt ist, sich wie ein Wohnungseigentümer an der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu beteiligen (§ 8 Absatz 3 WEG-E).
- Harmonisierung von Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht
Rechtlich ist die Vermietung von Eigentumswohnungen ohne Einschränkungen zulässig (§ 13 Absatz 1 WEG). Auch rechtspolitisch ist dies mit Blick auf die damit einhergehende Vermögensbildung, insbesondere zur Altersvorsorge, erwünscht. Es besteht daher ein besonderes Bedürfnis, dass sich bei der Vermietung von Eigentumswohnungen keine vermeidbaren rechtlichen Friktionen ergeben. Aus diesem Grund sieht der Entwurf zum einen aufeinander abgestimmte Regelungen zur Förderung der Elektromobilität, des Gebrauchs durch Menschen mit Behinderung und zum Einbruchsschutz vor (siehe oben unter 1.). Harmonisierungsbedarf besteht zum anderen bei Baumaßnahmen in der Wohnungseigentumsanlage. Die Wohnungseigentümer haben ein schutzwürdiges Interesse, dass Baumaßnahmen nicht behindert oder verhindert werden, weil Wohnungen in der Anlage vermietet sind. Umgekehrt hat jeder Mieter ein berechtigtes Interesse, über Baumaßnahmen rechtzeitig informiert zu werden, um sich auf diese einzustellen. Der Entwurf sieht daher eine auf Baumaßnahmen bezogene Duldungspflicht des Mieters vor (§ 15 WEG-E). Aus Gründen des Mieterschutzes setzt dies eine ordnungsgemäße Ankündigung der Baumaßnahme voraus. Der Mieter kann sich im Einzelfall zudem auf Härtegründe berufen. Schließlich enthält der Entwurf auch Vorschriften zur Harmonisierung im Hinblick auf die Betriebskostenabrechnung. Denn bislang sieht das Mietrecht vor, dass die Betriebskosten grundsätzlich nach der Wohnfläche umzulegen sind (§ 556a Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Nach den Vorschriften des WEG ist für die Verteilung dagegen in der Regel der Miteigentumsanteil des Vermieters entscheidend (§ 16 Absatz 2 WEG). Nach dem Entwurf soll bei vermieteten Eigentumswohnungen künftig die wohnungseigentumsrechtliche Verteilung maßgeblich sein. Das erspart aufwändige und fehleranfällige Um-rechnungen bei der Erstellung einer Betriebskostenabrechnung für eine Eigentumswohnung.
- Vereinfachung der Jahresabrechnung
Der Entwurf sieht eine deutliche Vereinfachung der rechtlichen Vorgaben für Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung vor (§ 28 WEG-E). Denn gerichtliche Auseinandersetzungen in diesem Bereich sind vergleichsweise häufig. Dies liegt auch daran, dass die geltenden gesetzlichen Vorschriften unklar gefasst sind. So ist bislang etwa nicht gesetzlich geregelt, welche Bestandteile die Jahresabrechnung hat und was konkret Gegenstand des Beschlusses über die Jahresabrechnung ist. Weil auch die Gerichte zu diesen Fragen nicht immer einheitlich entscheiden, besteht in der Praxis Rechtsunsicherheit. Aus diesem Grund sieht der Entwurf eine Konkretisierung der maßgeblichen Vorschriften vor. So soll sich die Beschlussfassung über die Jahresabrechnung auf die Abrechnungsspitze beschränken; das Rechenwerk selbst hingegen soll nicht mehr Beschlussgegenstand sein. Zudem sollen Verwalter verpflichtet sein, nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht aufzustellen. Dieser muss die Darstellung der Instandhaltungsrückstellung sowie eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens enthalten. Die Instandhaltungsrückstellung/Instandhaltungsrücklage soll den Namen „Erhaltungsrücklage“ erhalten, um zu verdeutlichen, dass es sich nicht lediglich um einen bilanziellen Posten, sondern um verfügbares Vermögen handelt.
- Ordnung der Rechtsbeziehungen in der Gemeinschaft
Das historische Konzept des WEG sah die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht vor. Die Anerkennung der Rechtsfähigkeit durch den Bundesgerichtshof (Beschluss vom 2. Juni 2005 –V ZB 32/05) hat daher zwangsläufig die Frage aufgeworfen, wie die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in das geschriebene Recht integriert werden kann. Besondere Schwierigkeiten bereitet hierbei immer noch die Einbindung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Die Rechtsbeziehungen zwischen den Wohnungseigentümern untereinander einerseits und zwischen den Wohnungseigentümern und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer andererseits sind auch über zehn Jahre nach der WEG-Novelle 2007 nicht abschließend geklärt. Die konzeptionelle Unklarheit über die Rolle der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer führt dazu, dass der Rechtsanwender oftmals nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen kann, ob die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder die Wohnungseigentümer berechtigt bzw. verpflichtet sind. Um die oft schwierige Unterscheidung zu beseitigen, ob im Einzelfall die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder die Wohnungseigentümer selbst Träger von Rechten und Pflichten sind, sieht der Entwurf vor, die Gemeinschaft als Träger der gesamten Verwaltung auszugestalten, die durch ihre Organe handelt (Eigentümerversammlung als Willensbildungsorgan, Verwalter als Vertretungsorgan). Der Entwurf beseitigt diese Rechtsunsicherheit, indem er der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Aufgabe zuweist, das gemeinschaftliche Eigentum zu verwalten (§ 18 Absatz 1 WEG-E). Dieses Konzept führt zu einer klaren Ordnung der Rechtsbeziehungen und ermöglicht es, ungeklärte Rechtsfragen nach allgemeinen rechtlichen Prinzipien zu lösen. Diese Änderungen im materiellen Recht werden durch Änderungen im Verfahrensrecht flankiert. Insbesondere die Beschlussanfechtungsklage ist nach dem Entwurf gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten (§ 44 Absatz 2 WEG-E).
- Stärkung der Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft
Nach geltendem Recht benötigt der Verwalter für die meisten Verwaltungsmaßnahmen einen Beschluss der Wohnungseigentümer, unabhängig davon, wie bedeutsam die Maßnahme für die Gemeinschaft ist. Dieses gesetzliche Konzept mag bei Entstehung des WEG angesichts der damals üblichen Verhältnisse im Bauwesen angemessen gewesen sein. Seit den 1950er-Jahren hat sich die durchschnittliche Größe von Wohnanlagen aber nahezu verdoppelt. Gerade in großen Anlagen lässt sich das gesetzliche Konzept praktisch kaum umsetzen. Denn mit der Größe der Anlage steigt auch die Zahl der zu treffenden Maßnahmen, insbesondere im Bereich der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Theoretisch müssten nach geltendem Recht häufig unterjährige Eigentümerversammlungen stattfinden, um einzelne, für die Wohnungseigentümer letztlich unbedeutende Fragen zu entscheiden. In der Praxis wird das gesetzliche Konzept deshalb weitgehend durch Regelungen in den Verwalterverträgen verdrängt, in deren Rahmen dem Verwalter über das Gesetz hinausgehende Handlungskompetenzen zugewiesen werden. Der Entwurf sieht daher vor, das WEG an die zeitgemäßen Bedürfnisse anzupassen.
Der Verwalter soll in eigener Verantwortung über „gewöhnliche“ Maßnahmen entscheiden können, die eine vorherige Beschlussfassung der Eigentümer aus objektiver Sicht nicht erfordern. Inwieweit eine Maßnahme als gewöhnlich anzusehen ist, soll sich aus Größe und Art der Anlage ergeben. Dem Entwurf zufolge sollen je nach Einzelfall auch der Abschluss von Versorgungs- und Dienstleistungsverträgen oder die gerichtliche Durchsetzung von Hausgeldforderungen zum Kreis der gewöhnlichen Maßnahmen gehören können.
Zudem soll der Verwalter aus Gründen der Rechtssicherheit im Außenverhältnis eine unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht für die Gemeinschaft erhalten. Der Verwalter soll für alle gewöhnlichen Maßnahmen, die eine Entscheidung durch die Wohnungseigentümer aus objektiver Sicht nicht erfordern, zuständig sein. Gleiches soll für eilbedürftige Maßnahmen gelten (§ 27 Absatz 1 WEG-E). Eine gravierende Änderung der Rechtslage ist damit im Hinblick auf die bislang nach § 27 Absatz 1 bestehenden Kompetenzen des Verwalters und unter Berücksichtigung der diese oft erweiternden Regelungen in den Verwalterverträgen nicht verbunden. Daneben sollen aber vor allem die Wohnungseigentümer die Möglichkeit haben, die Zuständigkeiten des Verwalters durch Beschluss zu bestimmen, indem sie seinen Aufgabenkreis erweitern oder einschränken. Damit ist sichergestellt, dass die Wohnungseigentümer stets die Herren der Verwaltung ihres gemeinschaftlichen Eigentums bleiben.
- Stärkung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Rechtsverkehr
Der Entwurf sieht im Interesse der Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümer eine Präzisierung der Regelungen über die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Rechtsverkehr vor. Denn nach dem Konzept des WEG nehmen die Wohnungseigentümer über die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer am Rechtsverkehr teil. In der Praxis wird dies jedoch dadurch behindert, dass potentielle Vertragspartner nach geltendem Recht nicht verlässlich ermitteln können, ob der Verwalter vertretungsberechtigt ist oder nicht. Das wirkt sich nicht nur zulasten des Rechtsverkehrs, sondern vor allem auch zu Lasten der Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümer aus. Besonders drängend sind die Probleme bei einseitigen Rechtsgeschäften der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Denn dem Empfänger steht nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ein Zurückweisungsrecht nach § 174 BGB zu (Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Februar 2014 –III ZR 443/13). Der Entwurf löst diese Probleme, indem er klare Vorschriften zur Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vorsieht (§ 9b WEG-E).
§ 9 b regelt die Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Diese obliegt grundsätzlich dem Verwalter (Absatz 1 Satz 1). Hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keinen Verwalter, obliegt sie den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich (Absatz 1 Satz 2). Über die Vertretung gegenüber dem Verwalter entscheiden die Wohnungseigentümer durch Beschluss (Absatz 2). Eine Vertretung der einzelnen Wohnungseigentümer durch den Verwalter (vgl. den geltenden § 27 Absatz 2) sieht der Entwurf nicht mehr vor. Im Rechtsverkehr ist sie in der Regel nicht notwendig, weil die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer am Rechtsverkehr teilnimmt und nicht die Wohnungseigentümer als solche. Aufgrund der nach § 44 Absatz 2 WEG-E vorgesehenen Passivlegitimation der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Beschlussklagen ist eine Vertretung der einzelnen Wohnungseigentümer auch prozessual nicht mehr notwendig. Soweit die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach § 9a Absatz 2 WEG-E bestimmte Rechte und Pflichten der einzelnen Wohnungseigentümer wahrnimmt, bedarf es ohnehin keiner Vertretung der einzelnen Wohnungseigentümer. Alle anderen Rechte und Pflichten können und müssen die Wohnungseigentümer selbst ausüben und wahrnehmen. Nach § 9b Absatz 1 Satz 1 vertritt der Verwalter die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerichtlich und außergerichtlich. Seine Vertretungsmacht ist nach § 9b Absatz 1 Satz 3 unbeschränkt und kann auch nicht durch Vereinbarung oder Beschluss beschränkt werden. Die Wohnungseigentümer sind nach § 9b Absatz 1 Satz 2 zur gemeinschaftlichen Vertretung nur berechtigt, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keinen Verwalter hat. Auch diese Ersatzvertretungsbefugnis kann nach § 9b Absatz 1 Satz 3 nicht durch Vereinbarung oder Beschluss eingeschränkt werden. § 9b Absatz 1 erleichtert zum einen den Rechtsverkehr mit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Wer mit einem Verwalter einen Vertrag schließt, muss nicht mehr befürchten, dass dessen Vertretungsmacht für den Abschluss des Vertrags nicht ausreicht. Dies dient zugleich dem Interesse der Wohnungseigentümer, über die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer effizient am Rechtsverkehr teilnehmen zu können. Zum anderen werden Probleme beseitigt, die nach geltendem Recht bei einseitigen Rechtsgeschäften bestehen. Denn nach herrschender Meinung kann ein vom Verwalter als Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vorgenommenes einseitiges Rechtsgeschäft nach § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen werden (BGH, Urteil vom 20. Februar 2014 –III ZR443/13). Dies kommt nach § 9b Absatz 1 nicht mehr in Betracht. Denn jedenfalls auf unbeschränkt und unbeschränkbar vertretungsberechtigte Organe ist § 174 BGB nicht anwendbar. Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Anwendung von § 174 BGB auf die Vertretung von Gesellschaften bürgerlichen Rechts ist nicht auf die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer übertragbar. Denn diese Rechtsprechung bezieht sich auf den Fall, dass die Vertretung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts von den gesetzlichen Vorschriften der §§ 709, 714 BGB abweicht (vergleiche BGH, Urteil vom 9. November 2001, ZR 4/01). Das ist bei der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht denkbar, da von der gesetzlich vorgesehenen Vertretungsmacht nach § 9b Absatz 1 Satz 3 nicht abgewichen werden kann. Dass die Person des Verwalters nicht aus einem Register ersichtlich ist, ändert daran nichts; § 174 BGB mutet nämlich die mit der Inanspruchnahme gesetzlicher Vertretung verbundene Unsicherheit über die Wirksamkeit des Bestehens der behaupteten Vertretungsmacht –unabhängig vom Bestehen eines Registers –dem Erklärungsempfänger zu (BGH, Urteil vom 9. November 2001 –ZR 4/01).
§ 9b Absatz 2 sieht in Anlehnung an § 46 Nr. 8 GmbHG eine Beschlusskompetenz vor, die Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter zu regeln, wenn dieser außergerichtlich nach § 181 BGB bzw. gerichtlich nach allgemeinen prozessrechtlichen Grundsätzen von der Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausgeschlossen ist. In diesen Fällen kann zum Beispiel ein Wohnungseigentümer zur Vertretung ermächtigt werden. Im Übrigen ist im Hinblick auf die Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer vorgesehen. Insbesondere können einzelne Wohnungseigentümer nicht durch Beschluss anstelle oder neben dem Verwalter zu Vertretern der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gekürt werden. Diese Möglichkeit wird zum Schutz der Minderheit ausgeschlossen, der die Existenz eines Vertreters, der nicht gleichzeitig die aus der Stellung als Verwalter folgenden Pflichten hat, nicht zuzumuten ist. Möchte die Mehrheit durch Beschluss einen Vertreter küren, ist ihr dies möglich, indes nur durch Bestellung eines Verwalters. Sind sich alle Wohnungseigentümer einig, können sie nach den allgemeinen Grundsätzen der Gesamtvertretung freilich auch einen oder mehrere von ihnen ermächtigen.
- Sondereigentumsfähigkeit von Freiflächen
Nach geltendem Recht ist es nicht möglich, das Sondereigentum auf außerhalb des Gebäudes liegende Teile des Grundstücks zu erstrecken, etwa auf Terrassen, Gartenflächen oder Stellplätze für Fahrzeuge im Freien. Soll einzelnen Wohnungseigentümerinnen oder Wohnungseigentümern ein ausschließliches Nutzungsrecht an diesen Flächen zugewiesen werden, werden in der Praxis sogenannte Sondernutzungsrechte begründet. Diese sind gesetzlich indes nicht näher geregelt, weshalb sie im Detail eine Reihe schwieriger, teilweise noch nicht abschließend geklärter Rechtsfragen aufwerfen. Die damit zusammenhängende Rechtsunsicherheit ist für Wohnungseigentümer auch deshalb belastend, weil der wirtschaftliche Wert etwa von Terrassen, Gartenflächen und Stellplätze im Freien parallel zu den allgemeinen Immobilienpreisen steigt. Der Entwurf beseitigt diese Rechtsunsicherheit, indem Sondereigentum auch auf Freiflächen erstreckt werden können soll (§ 3 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 WEG-E). Eine „Flucht in das Sondernutzungsrecht“ wird damit in den meisten Fällen entbehrlich.
- Modernisierung des gerichtlichen Verfahrensrechts
Der Entwurf sieht eine umfassende Modernisierung des gerichtlichen Verfahrensrechts vor. Denn nach geltendem Recht muss ein Wohnungseigentümer, wenn er einen Beschluss gerichtlich anfechten will, alle übrigen Wohnungseigentümer verklagen. Das führt nicht nur zu schwer handhabbaren Prozessen mit einer Vielzahl von Beteiligten. Es ergeben sich häufig auch Irritationen bei den Wohnungseigentümern, weil auch diejenigen Wohnungseigentümer verklagt werden müssen, die –wie der Kläger –gegen den Beschluss gestimmt haben. Gerade bei großen Gemeinschaften, die oftmals von einem häufigen Eigentümerwechsel geprägt sind, besteht außerdem die Gefahr, den Prozessgegner unrichtig zu benennen. Um diese Probleme zu lösen, sieht der Entwurf vor, dass Beschlussklagen künftig gegen die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten sind. Diese Neuausrichtung ermöglicht es zugleich, die meisten prozessualen Sondervorschriften für Wohnungseigentumssachen aufzuheben. Denn diese Sondervorschriften dienen hauptsächlich dazu, die Probleme zu bewältigen, die sich daraus ergeben, dass bislang insbesondere Verfahren über die Anfechtung von Beschlüssen zwischen allen Wohnungseigentümern geführt werden müssen. Auf diese Weise wird die Überleitung des wohnungseigentumsrechtlichen Verfahrens in den allgemeinen Zivilprozess abgeschlossen, der mit der WEG-Novelle 2007 begonnen wurde.
- Grundbucheintragung vereinbarungsändernder Beschlüsse
Vereinbarungsändernde Beschlüsse, die auf Grundlage einer gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Öffnungsklausel gefasst werden, wirken nach aktueller Rechtslage auch ohne Grundbucheintragung gegenüber Erwerbern von Wohnungseigentum. Um einen besseren Erwerberschutz zu gewährleisten, sollen Beschlüsse, die die Eigentümer auf Grundlage einer rechtsgeschäftlichen Öffnungsklausel gefasst haben, in Zukunft der Eintragung im Grundbuch bedürfen, um gegenüber Rechtsnachfolgern zu wirken.
- Entziehung des Wohnungseigentums
Der Entwurf sieht eine Neuregelung der Vorschriften zur Entziehung des Wohnungseigentums vor. So soll allgemein formuliert werden, dass eine Verletzung der Pflichten, die gegenüber der Gemeinschaft bestehen, eine Entziehung des Wohnungseigentums rechtfertigen kann. Dies kann der Begründung zufolge etwa eine Verletzung der Pflicht zur Kostentragung sein.
- Beschlusskompetenz für Vertragsstrafen
Die Wohnungseigentümer sollen die Kompetenz erhalten, Vertragsstrafen für den Fall zu beschließen, dass ein Eigentümer seine Pflichten verletzt. Dies soll sowohl den Verzug mit Geldforderungen als auch sonstige Pflichtverletzungen umfassen.
- Kostenentscheidung zulasten des Verwalters abschaffen
§ 49 Abs. 2 WEG, wonach das Gericht dem Verwalter im Falle groben Verschuldens Prozesskosten auferlegen kann, soll gestrichen werden. Die Wohnungseigentümer seien hinreichend durch materiell-rechtliche Schadensersatzansprüche geschützt, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs.
- Beschluss-Sammlung
Die gesetzliche Pflicht, über die Beschlüsse der Wohnungseigentümer eine Beschluss-Sammlung zu führen, soll im Rahmen der Reform entfallen.
Die Verbände hatten bis zum 14.2.2020 Gelegenheit, zu dem Gesetzentwurf zur WEG-Reform Stellung zu nehmen. Es bleibt abzuwarten, wie zügig das Gesetz nun umgesetzt werden kann.
Rechtsanwältin Melanie Sterns-Kolbeck