Eigenbedarf – Wer zählt zu den Familienangehörigen?

Urteilsdatum: 10.07.2024

 

Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs setzt voraus, dass der Vermieter die vermieteten Räume als Wohnung für sich oder seine Haushalts- oder Familienangehörigen benötigt (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Strittig und von den Mietgerichten unterschiedlich entschieden war bislang die Frage, wer zu den Familienangehörigen zählt. Nach zahlreichen amts- und landgerichtlichen Entscheidungen zählen dazu nicht nur Verwandte in gerader Linie (Kinder, Eltern, Großeltern usw.), sondern auch weiter entfernte Verwandte wie z.B. Cousinen und Cousins, wenn ein besonders enger sozialer Kontakt zum Vermieter besteht. Dieser Auffassung ist der BGH in einem neuen Urteil nicht gefolgt. Danach umfasst der Begriff der Familienangehörigen nur Personen, denen das Prozessrecht (§ 383 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, § 52 Abs. 2 Nr. 2 StPO) ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen gewehrt. Ein bestimmter Grad der Verwandtschaft oder eine besondere persönliche Bindung ist nicht erforderlich. Dementsprechend zählen zu den Familienangehörigen die Verwandten in gerader Linie (Kinder, Eltern, Großeltern usw.), Verwandte in der Seitenlinie bis zum 3. Grad (Geschwister, Neffen und Nichten, Tanten und Onkel) sowie Verschwägerte bis zum 2. Grad (Schwiegerkinder und –eltern, Schwager und Schwägerin – nicht aber der sog. „Schwippschwager“; ferner die Ehegatten – selbst dann, wenn sie getrennt leben, ein Scheidungsantrag bereits eingereicht ist oder die Scheidung schon vollzogen wurde (BGH v. 02.09.2020, VIII ZR 35/19, WuM 2020, S. 730). Weiter entfernte Verwandte (z.B. die im 4. Grad verwandten Cousins und Cousinen) zählen (entgegen der Auffassung einiger Mietgerichte) auch dann nicht zu den Familienangehörigen, wenn ein besonders enger sozialer Kontakt besteht. Entscheidend ist nach Auffassung des BGH, für welchen Personenkreis der Gesetzgeber eine typischerweise vorliegende besondere soziale Bindung angenommen hat. Dies trifft auf Personen zu, denen der Gesetzgeber ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen gewährt. Daher ist es sachgerecht, diese gesetzgeberischen Wertungen auch für die Familienangehörigen i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB und § 577a Abs. 1a S. 2 BGB heranzuziehen, da diese Privilegierungen ebenfalls in der persönlichen Verbundenheit begründet sind. Auf eine Einzelfallbetrachtung des Näheverhältnisses zwischen Vermieter und begünstigter Person, kommt es nicht an (BGH v. 10.07.2024, VIII ZR 276/23).

28.08.2024

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