Eigenbedarf – Kündigung auch wegen gewerblicher Nutzung zulässig
Der Vermieter kann eine Wohnung wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn er die Räume als Wohnung für sich oder seine Familien- oder Haushaltsangehörigen benötigt (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Danach müssen die vermieteten Räume grundsätzlich zu Wohnzwecken benötigt werden. Ein Benötigen zu anderen z.B. gewerblichen oder beruflichen Zwecken stellt keinen Eigenbedarf dar. Benötigt der Vermieter die Räume nur teilweise für Wohnzwecke, überwiegend aber für gewerbliche bzw. freiberufliche Zwecke (z.B. Architekturbüro), kann der Vermieter die Kündigung zwar nicht auf Eigenbedarf (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB), aber auf ein allgemein berechtigtes Interesse i.S.d. § 573 Abs. 1 BGB stützen, da der Wunsch des Vermieters, seine Wohnung auch für eigene berufliche Zwecke zu nutzen, im Hinblick auf die durch Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit grundsätzlich zu beachten ist. Durch die Formulierung „insbesondere“ in § 573 Abs. 2 BGB kommt nämlich zum Ausdruck, dass die Aufzählung dort nicht abschließend ist und § 573 Abs. 1 auch dann als Generalklausel anwendbar bleibt, wenn die besonderen Kündigungstatbestände des § 573 Abs. 2 BGB (z.B. Eigenbedarf) nicht vorliegen. Dieses allgemeine berechtigte Interesse des Vermieters ist nach der Rechtsprechung des BGH nicht geringer zu bewerten als der gesetzlich geregelte Eigenbedarf des Vermieters zu Wohnzwecken (so bereits BGH, Urteil v. 26.09.2012, VIII ZR 330/11, WuM 2013, S. 47).
Dementsprechend hat der BGH in einem neuen Urteil entschieden, dass es für das Vorliegen eines berechtigten Interesses an der Beendigung des Mietverhältnisses regelmäßig ausreicht, wenn dem Vermieter ein beachtenswerter bzw. anerkennenswerter Nachteil entstünde, wenn er die Wohnung, nicht nur zu Wohnzwecken, sondern zugleich überwiegend für eine freiberufliche Tätigkeit (hier: Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei) nutzen will und ihm dies verwehrt würde.
Nicht erforderlich ist nach Auffassung des BGH, dass die Vorenthaltung der Mieträume für den Vermieter einen noch größeren „gewichtigen“ Nachteil hätte wie es z.B. bei einer Kündigung wegen Hinderung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB) erforderlich wäre. Der ernsthafte, auf nachvollziehbare und vernünftige Gründe gestützte Entschluss des Vermieters, die Wohnung zugleich überwiegend freiberuflich zu nutzen, weist nämlich eine größere Nähe zum Eigenbedarf aus als zum Tatbestand einer Verwertungskündigung, bei der strengere Voraussetzungen gelten d.h. ein „gewichtiger“ Nachteil vorliegen müsste (BGH, Urteil v. 10.04.2024, VIII ZR 286/22, NJW-RR 2024, S. 692).
28.08.2024