Sollen in München Neubauten verhindert werden?

München, 16.06.2020

Wer in München ein Wohngebäude abreißen und durch einen Neubau ersetzen will, benötigt neben der Baugenehmigung nicht nur eine Abriss-, sondern auch eine Zweckentfremdungsgenehmigung, da auch ein Abriss als Zweckentfremdung gilt.

 

Seit 01.01.2020 gilt in München eine verschärfte Zweckentfremdungssatzung, die der Stadtrat am 02.10.2019 beschlossen hatte. Danach gilt u.a., dass sich die Miete für die neugebauten Wohnungen an der ortsüblichen Miete orientieren muss. Nach Auffassung des Sozialreferates bedeutet dies, dass die Mieten für die neugebauten Wohnungen um maximal 5 % über den Mietspiegelwerten liegen dürfen.

Beispiel aus der Praxis: Eine Hauseigentümergemeinschaft will ein über 50 Jahre altes Mehrfamilienhaus mit 9 Wohnungen und 327 m² Wohnfläche abreißen und durch einen Neubau mit 506 m² Wohnfläche ersetzen. Unter Hinweis auf die verschärfte Zweckentfremdungssatzung erteilt das Sozialreferat die Genehmigung nur unter der Auflage, dass die Mieten für den Ersatzwohnraum um maximal 5 % über dem Münchner Mietspiegel liegen dürfen; d.h. die Miete für den neu errichteten Ersatzwohnraum darf maximal € 11,82/m² betragen (€ 11,26/m² für 70 m²-Wohnung in guter Lage lt. Mietspiegel 2019 + 5 %). Dagegen beträgt die durchschnittliche Erstbezugsmiete lt. städtischem Wohnungsmarktbarometer 2019 € 20,37/m²; d.h. die neuen Wohnungen müssten um 45 % unter der Marktmiete vermietet werden. Ein eklatanter Widerspruch zum Bundesrecht: Danach sind Neubauten von der Mietpreisbremse ausgenommen (§ 556f BGB). Die Miethöhe für Neubauten ist somit nicht an den Mietspiegel gebunden. Diese Ausnahme ist dem Sozialreferat seit ihrem Inkrafttreten ein „Dorn im Auge“ und soll nun mit der Verschärfung der hauseigenen Satzung unterlaufen werden.

 

Absurde Folge: Lag die Miete für die alten Wohnungen um 10 % über dem Mietspiegel, was nach den Bestimmungen der Mietpreisbremse zulässig ist, darf sie für die für ca. 2 Mio. Euro neu errichteten Wohnungen nur noch um 5 % über dem Mietspiegel liegen. Die Mieten für die neu gebauten Wohnungen müssen danach niedriger sein als die ehemaligen Mieten für die alten Wohnungen.

Hauseigentümer die neu bauen wollen, haben damit die Wahl: Klagen oder ganz einfach auf einen Neubau verzichten. Die hohen Kosten eines Neubaus u.a. durch immer höhere rechtliche und energetische Anforderungen lassen sich bei einer Preisbindung an den Mietspiegel betriebswirtschaftlich nicht mehr darstellen. Damit wird dann auch kein zusätzlicher Wohnraum mehr entstehen, der bei Abriss und Neubau von Gebäuden regelmäßig geschaffen wird.

Rechtsanwalt Rudolf Stürzer

Vorsitzender Haus + Grund München

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