Im Rahmen der Novellierung der Münchner Baumschutzverordnung sollen neben der Anpassung des räumlichen Geltungsbereiches auch einige Regelungsinhalte der Verordnung verschärft werden.
Die Änderungen des räumlichen Geltungsbereiches betreffen im Wesentlichen die Einbeziehung von Neubaugebieten sowie Abrundungen von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen. Eine wesentliche inhaltliche Verschärfung ist die Ausweitung des Schutzes auf kleinere Bäume und Sträucher mit einem Stammumfang von 60 cm (bisher: 80 cm); gemessen in 1 m Höhe über dem Erdboden sowie auf größere Klettergehölze und Obstbäume. Mehrstämmige Gehölze werden geschützt, wenn die Summe der Stämme 60 cm und ein Stamm davon mindestens 40 cm Stammumfang erreicht. Außerdem sollen die Regelungen im Hinblick auf erforderliche Ersatzpflanzungen und Ausgleichszahlungen konkretisiert und verschärft werden.
Ausgeglichene Baumschutzbilanz
Im Jahr 2023 wurden im Stadtgebiet 7.788 Bäume gefällt und 7.361 Ersatzpflanzungen vorgenommen. Die geringe Differenz resultiert dabei fast ausschließlich auf dem Verzicht auf eine Ersatzbepflanzung, weil das Grundstück auch nach der Fällung ausreichend durchgrünt war. Fraglich ist daher, ob eine Verschärfung der Baumschutzverordnung aus Naturschutzgründen überhaupt erforderlich ist.
Haus + Grund München lehnt die Verschärfungen daher ab.
Eigentümer sorgen für Begrünung
Münchens Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer wie auch Haus + Grund München setzen sich seit jeher für den Baum- und Naturschutz zur Verbesserung des Klimas in unserer Stadt ein. Dies kommt schon dadurch zum Ausdruck, dass mehr als 80 % der Bäume und Gehölzer im Münchner Stadtgebiet nicht von der öffentlichen Hand, sondern von Münchens Haus- und Grundeigentümern oder deren Rechtsvorgängern gepflanzt worden sind und von diesen gepflegt werden. Ganz überwiegend wurden die Bäume und Gehölzer von den Eigentümern z.T. schon vor längerer Zeit freiwillig und ohne jegliche rechtliche Verpflichtung (z.B. behördliche Auflage im Rahmen eines Neubauvorhabens) gepflanzt – eben weil den Eigentümern an einer Verbesserung des Stadtklimas gelegen ist.
Fehlende Differenzierung
Problematisch und unangemessen ist dabei allerdings bereits die aktuelle Fassung der Baumschutzverordnung, die hinsichtlich eines Anspruchs des Eigentümers auf Genehmigung einer Fällung nicht differenziert, ob der Baum vom Eigentümer aufgrund einer behördlichen Auflage gepflanzt werden musste, wild gewachsen ist oder freiwillig gepflanzt wurde. Nachvollziehbar ist der verstärkte Schutz und damit ein Genehmigungserfordernis für die Fällung von wild gewachsenen oder aufgrund einer behördlichen Verpflichtung gepflanzten Gehölzen. Dagegen muss der Grundstückseigentümer bei einem Baum, den er selbst oder seine Rechtsvorgänger freiwillig d.h. ohne jegliche rechtliche Verpflichtung gepflanzt hat, auch frei darüber entscheiden können, diesen wieder zu fällen. Die nach Erfahrung unserer Mitglieder generell ablehnende Haltung der Naturschutzbehörde in solchen Fällen selbst dann, wenn der Eigentümer triftige Gründe für eine Fällung hat, z.B. Beschädigung des Gebäudes durch das Wurzelwachstum, stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht dar;
vor allem dann, wenn die Fällungsgenehmigung auch dann verweigert wird, wenn der Eigentümer von sich aus eine Ersatzbepflanzung anbietet.
Frühere Fällung von Bäumen
Die Novelle der Baumschutzverordnung soll die durch das Eigentumsgrundrecht geschützte Handlungsfreiheit des Grundstückeigentümers weiter einschränken und ist im Ergebnis letztlich kontraproduktiv für den Naturschutz, da Bäume und sonstige Gehölzer von den Grundstückseigentümern nach unserer Erfahrung immer häufiger gefällt und durch junge Pflanzen ersetzt werden, bevor sie den Stammumfang von 80 cm erreicht haben, damit sie sich oder ihren Rechtsnachfolgern künftig Ärger ersparen, wenn der Baum – aus welchen Gründen auch immer – gefällt werden muss. Dementsprechend wird die Herabsetzung des Mindeststammumfangs auf 60 cm zu einer noch früheren Fällung von Bäumen und Gehölzern führen.
Nicht nachvollziehbar ist ferner die Erweiterung des Schutzes auf Kletterpflanzen. Blauregen, Wilder Wein und insbesondere Efeu verursachen erfahrungsgemäß vor allem dann, wenn sie den in der Verordnung festgelegten Stammumfang von 60 cm erreicht haben, massive Schäden an Hausfassaden und Verblechungen z.B. Attikas, die von den Kletterpflanzen unterwandert und beschädigt werden. Insofern ist völlig unangemessen, wenn Eigentümer auch in diesen Fällen Diskussionen mit der Genehmigungsbehörde darüber führen müssen, ob statt der Entfernung des Efeus eine turnusmäßige Beseitigung der Gebäudeschäden (z.B. des Außenputzes) für den Eigentümer zumutbar ist – wie es bereits derzeit der Fall ist, wenn ein Eigentümer die Fällung eines Baumes beantragt, der aufgrund seines Wurzelwachstums Risse in umliegenden Gebäuden verursacht.
Noch mehr Bürokratie
Die Verschärfung der Baumschutzverordnung wird auch nach Einschätzung des Planungsreferats der Stadt München zu einer Zunahme von genehmigungspflichtigen Fällungen und damit zu noch mehr Bürokratie führen. Der vom Planungsreferat geschätzte personelle Mehraufwand von 10 – 15 % erscheint dabei eher unrealistisch; auszugehen ist von einem Mehraufwand von 30 – 40 %. Dabei sind die Behörden bereits jetzt schon nicht mehr in der Lage, vorgeschriebene Ersatzbepflanzungen lückenlos zu kontrollieren.
Steigende Baukosten
Zunehmend strengere Baumschutzvorschriften erschweren letztlich die Entwicklung von Grundstücken und verteuern u.a. durch Schutzmaßnahmen für Wurzeln und Äste zusätzlich den gerade in Ballungsgebieten wie München dringend benötigten Wohnraum.
Rechtsanwalt Rudolf Stürzer
Vorsitzender Haus + Grund München
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Auflage: | 1. Auflage 2019 |
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Einband: | Broschur |
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