Die Corona-Pandemie mit ihren verheerenden Auswirkungen auf große Teile der Wirtschaft muss immer häufiger in gerade zu zynischer Art und Weise als Begründung für bestimmte Umstände herhalten, die auch vor Corona nicht anders waren. Jüngstes Beispiel: Die Erhebung der Daten zum Münchner Mietspiegel 2021. Diese wurden jetzt „weggeworfen“ – wie die SZ titelte. Begründung: Während des Lockdowns hätten überwiegend Gutverdiener mit hohen Mieten Zeit und Lust gehabt, die Fragebögen auszufüllen, während Mieter mit geringem Einkommen und niedrigen Mieten arbeiten mussten und oft keine Zeit für die Befragung hatten – eine reine Spekulation ohne sachliche Grundlage.
Dass politisch unbequeme, weil zu hohe Mietdaten nach ihrer Erhebung „weggeworfen“ wurden, war vor Corona nicht anders. Auf diese Weise konnte man Mietspiegelwerte generieren, die 30 % bis 40 % unter den tatsächlich gezahlten Mieten liegen.
Seit dem von HAUS + GRUND MÜNCHEN erstrittenen Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Mai 2019 geht das allerdings nicht mehr ganz so einfach: Sämtliche erhobene Einzelmieten müssen von der Stadt jetzt offengelegt werden. Dann muss als Grund dafür, dass Daten unter den Tisch fallen dürfen jetzt eben Corona herhalten. Allerdings eröffnet die Stadt damit eine weitere juristische „Baustelle“ zur Frage, ob von einem Stadtratsbeschluss über die Erhebung von Daten für den Mietspiegel 2021 aufgrund von reinen Spekulationen und Mutmaßungen auf die Alternative der Indexfortschreibung umgeschwenkt werden darf, wenn die mit Steuergeldern in Millionenhöhe erhobenen Daten nicht gefallen. Jedenfalls ist dies ein weiteres Beispiel dafür, dass der Stadtverwaltung nicht an einem realistischen Mietspiegel, sondern an einem Mietspiegel mit möglichst niedrigen Mieten gelegen ist.
Allerdings wird spätestens der Mietspiegel 2023 von der Mietenrealität eingeholt werden, weil dann eine Indexfortschreibung nicht mehr zulässig ist.
Vielleicht sollte man aber die Dinge nicht immer so streng juristisch sehen und sich eher darüber freuen, dass der Mietspiegel jetzt nach dem Index fortgeschrieben wird. Dann sinken die Mieten wenigstens nicht – auch das soll es in München ja schon öfters gegeben haben.
Rechtsanwalt Rudolf Stürzer
Vorsitzender Haus + Grund München
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Nachbarschaftsrecht
ISBN: | 978-3-648-17581-1 |
Auflage: | 4. aktualisierte Auflage 2024 |
Umfang: | 316 Seiten |
Einband: | Broschur |
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